Donnerstag, 31. August 2017

Cascade Locks bis Manning Park

Nonstop durch Washington - der Endspurt

In Cascade Locks angekommen, gönnen wir uns erst einmal wieder ein großes Eis. Auch hier hat der Laden wieder ein Sonderangebot für zwei große Eimer Eis, das wir nicht ausschlagen können. Nachdem sich jeder mehr als 1,5 Liter Eis genehmigt hat, machen wir uns auf die Suche nach dem örtlichen Campingplatz.


Brav alles aufgegessen, dann wird das Wetter sicher gut!
 Hier sitzen schon einige andere Hiker im Schatten, und zusammen verbringen wir einen gemütlichen Nachmittag. In der nahegelegenen Brauerei gibt es Freibier für PCT-Hiker, das wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Auf den Bierdeckeln haben die jeweiligen Spender Sprüche hinterlassen. Größtenteils sind die Texte motivierend, aber bei einem steht: "You will never make it!" - Na ja, auch Freibier muss nicht immer recht haben.

Da der Laden im Ort wieder recht teuer ist, und wir für 20 Tage  Vorräte kaufen müssen (unser erstes Resupplypaket mit 5 Tagen Essen hatten wir schon von Medfort versendet), fahren wir am nächsten Tag in den Nachbarort Hood River zu einem Walmart. Nach dem Großeinkauf versuche ich noch, einen Sportladen zu finden, der mir meine Darn Tough Socken austauscht. Dieser Service wurde in Kalifornien von den meisten Shops am Trail angeboten, da die Firma eine Garantie auf ihre Socken gibt. Hier im Norden scheint es aber nicht mehr üblich zu sein, also muss ich das löchrige Paar wohl oder übel per Post einschicken.

Nachdem wir insgesamt drei Pakete geschnürt und an die nächsten Orte auf dem Trail versendet haben, ist der Tag auch schon wieder fast vorüber. Wir beschließen, noch einen weiteren Zerotag anzuhängen und vor der letzten anstrengenden Etappe etwas zu entspannen. Der Campingplatz ist schließlich sehr schön am Columbia River gelegen und lädt zum Baden ein. Außerdem gibt es in einem nahegelegenen Laden Blaubeermilchshakes! Das einzige Manko sind die vielen Züge, die vor allem nachts laut pfeifend auf beiden Seiten des Flusses auf und ab fahren.

Cascade Locks bis White Pass

Anderntags starten wir wieder zu unserer gewohnten Zeit um kurz vor sechs, um der Hitze im bevorstehenden langen Aufstieg etwas zu entgehen. Zunächst müssen wir allerdings die Bridge of Gods nach Washington überqueren. Der dramatische Name kommt aus einer alten Indianersage: Die "Brücke der Götter" war in ihrer Mythologie eine Felsbrücke, welche beim Kampf der Söhne des Großen Geistes zerstört wurde. Vermutlich wurde der Columbia River vor vielen Jahren durch einen großen Erdrutsch an der Engstelle kurz vor Cascade Locks zugeschüttet, sodass eine natürliche Landbrücke entstand, welche die beiden Ufer verband.
Heute ist die Brücke eine Stahlkonstruktion mit Gitterboden, durch den man wunderbar in die Tiefe sehen kann, während man versucht, so gut wie möglich dem regen Verkehr aus dem Weg zu gehen. Wir sind beide froh, auf der anderen Seite angekommen zu sein.

Die Bridge of Gods
Der Aufstieg in den ersten beiden Tagen nach Cascade Locks zieht sich, am zweiten Tag sind es laut unserer App über 7000 Fuß Anstieg - mehr als 2100 m. Noch geht der Weg hauptsächlich durch langweiligen Wald, trotzdem finden wir jetzt schon viele Blaubeeren. Diese werden uns bis zum Ende begleiten, es gab keinen Tag, an dem wir nicht mindestens eine Handvoll verdrückt haben. 
Beim Überqueren einer Forststraße treffen wir zwei Biker, die uns fragen, ob wir Dayhiker seien. Nein, etwas länger sind wir schon unterwegs. Wo wir denn gestartet seien? Als ich "Mexiko" entgegne, können sie es kaum glauben und schenken uns spontan ein paar leckere selbstgemachte Cookies. Außerdem erzählen sie uns, dass der Weg in ein paar Tagen schöner und die Aussicht besser wird. Zum Glück!

Zunächst werden wir allerdings wieder an Oregon erinnert: Wir durchqueren ein Gebiet mit vielen Seen und Schneefeldern - ideal für Mücken, die sich im Schmelzwasser vermehren. Am frühen Nachmittag wird es Steffi zu viel und wir verkriechen uns zeitig im Zelt. Am nächsten Tag wird die Mückenplage zum Glück schon gegen Mittag besser, das Schlimmste scheint überstanden zu sein.

Entgegenkommende Hiker hatten uns am Morgen Hoffnung gemacht, als sie von einem Trailangel erzählten, der an der nächsten Forststraße Trailmagic verteilt. Sie hätten dort gestern Abend jede Menge Tacos und Bier bekommen. Wir beeilen uns mit dem Abstieg, aber als wir ankommen, ist dort niemand mehr. Etwas enttäuscht ziehen wir weiter. Einige Stunden später haben wir doch noch Glück: An der Straße Richtung Trout Lake haben die lokalen Hostels eine große Tonne aufgestellt, die wohl kurz vor unserer Ankunft frisch mit Leckereien gefüllt wurde. Wir bekommen Eiskaffee, Kekse und Gummibärchen, die erste Trailmagic in Washington!

Von nun an wird der Trail tatsächlich schöner. Wir machen Mittag bei der Lava Spring, einer Quelle, die aus einem Haufen Lavagestein sprudelt. Das Wasser lockt viele Tiere an, und wir verbringen einige Zeit damit, Eichhörnchen und Chipmunks beim Spielen zuzusehen und eine Maus beim Nestbau zu beobachten.

Tags darauf gelangen wir in die Goat Rock Wilderness, einem der schönsten Abschnitte bisher. Wir sind rasch über der Baumgrenze und haben tolle Ausblicke über die umliegende Gebirgslandschaft. Nach einem kleinen Schneefeld gelangen wir über einen kahlen, windigen Grat hinab ins nächste Tal.


In der Goat Rock Wilderness

Abstieg 

Nachdem wir unser Zelt aufgebaut haben, gesellt sich noch ein chinesisches Pärchen zu uns, das wir zuvor noch nie auf dem Trail gesehen haben. Sie zelten direkt neben uns und unterhalten sich bis kurz vor Mitternacht recht lautstark. Wir sind natürlich wie die meisten anderen an die "Thru-Hiker Midnight" um 21 Uhr gewöhnt und revanchieren uns dafür, in dem wir morgens um halb 6 etwas lauter als sonst zusammenpacken.

Am nächsten Tag ist es nur ein kurzes Stück bis nach White Pass, wo wir unser erstes Resupplypaket aufsammeln. Wir gönnen uns zusätzlich eine Soda, und obwohl wir recht viele Vorräte haben, können wir uns einen Blick in die Hikerbox nicht verkneifen. Jackpot! Diese ist ausnehmend gut gefüllt und wir bekommen neben Blaubeerpoptarts sogar eine ganze Tafel Schokolade - eine echte Seltenheit in den USA. Außerdem treffen wir Box wieder und erfahren, dass wir das Schweizer Pärchen Scaredy Cat und Bob Ross, welches einen Tag vor uns gestartet ist, nur knapp verpasst haben.

White Pass bis Snoqualmie Pass

Derart gestärkt und motiviert ziehen wir am frühen Nachmittag noch 13 Meilen weiter. Vorbei an Seen und vielen Mücken gelangen wir zu einem schönen und etwas insektenärmeren Platz an einem Fluss. Das Wasser ist zwar eiskalt, aber wir freuen uns trotzdem, uns mal wieder waschen zu können. 

Tags darauf treffen wir schon früh auf viele Dayhiker, ein Zeichen, dass es wohl Wochenende sein muss und ein schönes Stück bevorsteht. Nach einem langen Anstieg gelangen wir tatsächlich an den sehr malerischen Dewey Lake. Ich nutze die Gelegenheit, mal wieder meine Klamotten zu waschen und schwimmen zu gehen. Leider trete ich im Schlamm auf einen scharfkantigen Stein und schneide mir den Zeh auf - etwas unpraktisch, wenn man den ganzen Tag drauf steht. Zum Glück ist der Schnitt nicht allzu tief, trotzdem spüre ich ihn die nächsten Tage bei jedem Anstieg.

Eingang zum Mount Rainier National Park

Nach einem Trailhead gelangen wir in den Mount Rainier Nationalpark und steigen weiter zum Sheep Lake auf. Als wir dort unser Wasser nachfüllen, schaut ein sehr neugieriges Streifenhörnchen vorbei und klettert mir sogar kurz am Bein hoch!


Immer wieder sehen wir nun Mount Rainier, der aber leider wie auch das umliegende Bergpanorama hinter einem Dunstschleier liegt. Die umliegenden Feuer haben offenbar zu viel Smog produziert. Nachdem wir weiter über die Sourdough Gap aufgestiegen sind und uns auf einem ausgesetzten Grat befinden, braut sich einige Meilen vor uns ein Gewitter zusammen. Wir beeilen uns, weiter zu kommen, trotzdem sehen wir kurz darauf den ersten Blitz einige Meilen entfernt auf der anderen Seite des Tals. Kaum fünf Minuten später sehen wir an der Stelle des Einschlags eine Rauchsäule aufsteigen! Das Gewitter kommt immer näher und wir sind froh, als wir einen tiefergelegenen Sattel erreichen. Eigentlich wollten wir an diesem Tag noch weiter, aber in Erwartung des Unwetters bauen wir rasch unser Zelt auf. Besonders komfortabel ist der Platz nicht, aber wir hatten schließlich schon schlimmere Zeltplätze. Kaum haben wir jedoch das Zelt aufgebaut und zu Abend gegessen, hat sich das Gewitter verzogen. Kurz überlegen wir, nochmal zusammenzupacken und weiter zu ziehen, aber schließlich siegt die Faulheit.

Am nächsten Morgen ist es kühler und etwas regnerisch, deshalb beschließen wir, unsere Mittagspause bei einer kleinen Hütte zu machen, um gegebenenfalls einen Regenschutz zu haben. Bis dorthin wird das Wetter zwar wieder besser, aber unser Timing stellt sich trotzdem als perfekt heraus: Nicht ganz eine halbe Stunde nach unserer Ankunft kommt ein Pärchen mit großen Rucksäcken vorbei und stellt sich als lokale Trailangel vor. Sie sind gekommen, um die Kühlbox in der Hütte mit Sodas, Obst und Chips zu füllen. Wir bedienen uns natürlich gleich und nutzen die Gelegenheit, ein Foto von den großzügigen Spendern zu machen. Schließlich sieht man ja die Leute oft gar nicht, die hinter den Leckereien am Wegesrand stehen.

Die Trailangel der Government Cabin
Derart gestärkt ziehen wir weiter, und da wir von gestern noch etwas Strecke gut machen müssen, beschließen wir, einen 31 Meilen Tag zu machen. Als wir am angepeilten Campingplatz ankommen, sind dort schon die Schweizer und Thomas, ein junger Däne, dem wir auch immer wieder begegnen. Schön, mal wieder mit alten Bekannten zu zelten!

Als wir am nächsten Morgen aufwachen, ist der Wald in Nebel gehüllt und es regnet. Wir kramen unsere bisher wenig genutzten Regenklamotten raus und laufen los. Das trübe Wetter drückt auf die Stimmung, sodass wir froh sind, als gegen Mittag die Sonne rauskommt und es wieder etwas wärmer wird. Nach dem gestrigen langen Tag sind wir zwar beide weniger fit, beschließen aber, trotzdem den Mirror Lake als Tagesziel anzupeilen. Von dort aus wären es tags darauf nur noch 9 Meilen bis nach Snoqualmie Pass zu unserem nächsten Paket. Wir kommen langsam voran, sodass die Schweizer schon angekommen sind und dabei sind, ein Feuer zu machen. Wir setzen uns noch eine Weile dazu, verabschieden uns dann aber bald ins Zelt, da es recht kalt wird.

Gegen Mitternacht herrscht im Zelt der Schweizer auf einmal helle Aufregung. Offenbar hatten sie schon in früheren Nächten Probleme mit Mäusen gehabt, die sich durch das Zelt gefressen und sich an ihren Vorräten vergriffen hatten. Dabei waren sie offenbar so unerschrocken, dass sie sich partout nicht mehr vertreiben ließen. Nach einiger Zeit hatten die beiden ihre Matten kurzerhand nach draußen gelegt und unter freiem Himmel weiter geschlafen, während die Mäuse sich im Zelt über eine Packung Erdnüsse hermachten. Wir befürchten schon das Schlimmste, aber dieses Mal war es zum Glück nur falscher Alarm.

Der darauffolgende Morgen ist zwar trocken, aber dennoch recht kalt. Wir freuen uns, als wir am späten Vormittag bei Snoqualmie Pass ankommen. Der Pass ist eine Interstate-Raststätte sowie ein kleines Skigebiet, und wir steigen an den Liften vorbei ab zur Chevron, die gleichzeitig als Poststation fungiert. Als wir unser Paket abholen wollen, meint der gelangweilte Postbeamte nur, dass wir hinten in der Ecke nachsehen sollen, da seien alle Pakete für PCT Hiker. Tatsächlich finden wir unser Paket nach einigem Suchen in dem umfunktionierten Kühlraum. Keiner will einen Ausweis sehen oder interessiert sich nur ansatzweise dafür, mit wie vielen Paketen wir raus laufen. Ich will gar nicht wissen, wie viel hier verloren geht…

Wir beschließen, im an das Hotel angrenzenden Pancake House zu frühstücken. Die Blaubeerpancakes sind zwar gut, aber wir haben nach einer Portion immer noch Hunger. Inzwischen sind wir elf Tage am Stück unterwegs und unser Appetit wächst von Tag zu zu Tag. Die Bedienung scheint mit Hikern nicht viel anfangen zu können, unser Kaffee wird - im Gegensatz zu dem der anderen Gäste - nur nach expliziter Nachfrage einmal nachgefüllt, man scheint froh zu sein, als wir wieder gehen.
Da die weitere Wettervorhersage zwar keinen Regen, aber Wolken vorhersagt, haben wir Sorge, in den nächsten Tagen unseren Solarlader nicht verwenden zu können. Deshalb setzen wir uns noch in die Lobby des Hotels und laden unsere Handys. Als wir warten, kommt plötzlich Rick herein. Ihn hatten wir zuletzt nach unserem zweiten Abstieg aus der Sierra gesehen. Er erzählt uns, dass er bei dem Feuer, dessen Start wir beim Unwetter beobachtet hatten, umgekehrt sei, da er annahm, es würde den PCT betreffen. Insgesamt hatte er wegen vieler Brände und familiärer Verpflichtungen schon einen Großteil von Oregon übersprungen. Dieses Jahr scheint es echt schwer zu sein, den Weg am Stück zu laufen.

Auch Rick war vom Service im Pancake House nicht begeistert, deshalb beschließen wir nach einiger Zeit, zusammen noch beim nahen Food Truck zu essen, bevor es für uns weiter auf den Trail geht. Dort gibt es zwar ein Freibier für uns, aber das Essen ist trotzdem enttäuschend. Einen so kleinen Burger habe ich in Amerika noch nie bekommen!

Etwas deprimiert machen wir uns auf den Weg zurück zum Trail. Unser nächster Resupply ist zwar nur 3 Tage entfernt, doch offenbar gibt es dort kein Restaurant. Zum Glück haben wir mehr als genug Essen dabei, da wir weitaus schneller vorankommen als zunächst gedacht.


Snoqualmie Pass bis Stevens Pass


Nach einem langen Aufstieg am späten Nachmittag bauen wir unser Zelt nahe des Gravel Lake auf. Die Aussicht auf das Alpenpanorama der Cascades ist wieder einzigartig, und wir fragen uns einmal mehr, wieso wir die letzten Wochen im Wald von Oregon verbracht haben, anstatt von Anfang an in Washington zu wandern.



Am nächsten Morgen wachen wir in einer Nebelwolke auf, und selbst im Zelt ist alles feucht. Im Laufe des Vormittags verzieht sich der Nebel jedoch zum Glück und wir sehen, dass der Regen doch zu etwas gut war. Der Dunst, der uns die letzten Tage die Aussicht getrübt hat, ist weggewaschen und nun haben wir freie Aussicht auf Mount Rainier und die umliegenden Berge.

Mount Rainier - nun schon sehr weit weg

Auf unserem weiteren Weg sehen wir nun immer mehr große Murmeltiere bzw. Groundhogs. Diese sind entgegen zu ihren Artgenossen in den Alpen weitaus weniger scheu und gucken schon mal neugierig aus ihrem Bau, wenn man vorbei läuft.

Neugieriger Groundhog
Auch der darauffolgende Tag beginnt neblig, als wir die Lodge beim Stevens Pass erreichen, ist es jedoch glücklicherweise wieder sonnig. Ich hole gerade unser vorletztes Resupplypaket ab, als mir Stefan und Irene über den Weg laufen. Die beiden kommen gerade von Leavenworth, einem kleinen Ort einige Meilen östlich vom Trail, der komplett im bayrischen Stil gehalten ist. Sie schwärmen uns von Würstchen und Brezen vor, sodass wir fast schon versucht sind, doch noch einen Stop im Ort zu machen. Aber es hilft ja nichts, wir wollen endlich nach Kanada! Also gönnen wir uns nur einen Kaffee in der Skilodge, die im Sommer als Hauptquartier für Mountainbiker fungiert, welche die Lifte und grünen Pisten nutzen. 

Stevens Pass bis Stehekin

Nachdem wir alle Vorräte in unseren Rucksäcken verstaut haben, geht es weiter. Nur noch ein weiterer Stop liegt zwischen uns und Kanada! Auch in den nächsten Tagen haben wir wieder viele Anstiege zu bewältigen, es sind so gut wie nie weniger als 6000 Fuß Anstieg pro Tag. Trotzdem kommen wir recht gut voran und machen täglich 25 Meilen oder mehr. Zwei Tage vor Stehekin zelten wir zusammen mit ein paar Section Hikern. Die beiden Frauen hatten den PCT 2015 gemacht, mussten aber das Stück zwischen Stevens Pass und Rainy Pass überspringen, weshalb sie es nun nachholen. Es ist inzwischen etwas kühl abends, und während wir unser kaltes Kartoffelpüree futtern und nach der zweiten Portion immer noch etwas hungrig sind, packen die beiden opulentes Essen mit Salami und heißer Schokolade zum Nachtisch aus. Irgendwie muss ich wohl arg neidisch geguckt haben, denn nach einiger Zeit fragt mich eine, ob wir nicht Wurst brauchen könnten. Ihre Wanderpartnerin hatte diese aus Kanada mitgebracht, sie sei aber partout kein Salami-Fan. Mit leuchtenden Augen nehme ich das Geschenk an, das ist wie Weihnachten!

Die beiden erzählen uns, dass wir trotz des Nebels jeden Morgen richtig Glück mit dem Wetter haben. Sie waren 2015 nur zwei Wochen später dran als wir und hatten trotzdem durchwegs Regen und Nebel, sodass sie die umliegenden Berge nur erahnen konnten. Da haben wir jetzt weitaus schönere Aussichten.

Sonnenaufgang am Lake Sally Ann
Tags darauf bekommen wir schon wieder Trailmagic: Kurz vor einem langen Abstieg treffen wir auf GoalTech, der einen großen Sack mit Chipstüten an seinem Rucksack befestigt hat und diese an Thruhiker verteilt. Kurz darauf treffen wir auch Stefan und Irene wieder, die uns von einer möglichen Abkürzung erzählen. Offenbar zweigt im Tal der alte PCT ab und verläuft bei einer Furt direkt durch den Fluss, anstatt wie der neue Trail einen 4,5 Meilen langen Umweg zu nehmen. Allerdings soll der alte Trail wenig genutzt und überwuchert sein, außerdem könnte die Flussdurchquerung je nach Wasserstand schwer werden. Wir überlegen einige Zeit, entschließen uns aber dann doch, den offiziellen Weg zu nehmen. Als wir an der Brücke ankommen, sind wir heilfroh über unsere Entscheidung. Der Fluss ist so groß und reißend, dass wir ihn nur schwer hätten durchqueren können! 
Steffi mit GoalTech
Wieder mal ist unser ursprünglich angepeilter Campingplatz voll mit Wochenendausflüglern, sodass wir noch zwei Meilen weiter ziehen und heute wieder 27 Meilen auf dem Tacho haben. Stefan und Irene gesellen sich zu uns und wir können uns Abends etwas heißes Wasser für einen Tee schnorren. Nachdem die Temperaturen nun fallen, vermissen wir den Kocher doch etwas... na ja, die letzten Tage geht es auch noch so. 

Die beiden erinnern uns außerdem daran, dass am kommenden Tag ja eine Sonnenfinsternis ist. Wir sind zwar zu weit nördlich für eine komplett verdeckte Sonne, trotzdem freuen wir uns auf das Naturschauspiel. Etwa 9 Meilen weiter soll sich der Wald wieder lichten und die Sicht besser werden. Da die Eclipse erst gegen 10 Uhr beginnen soll, haben wir es morgens nicht eilig und trinken noch einen Kaffee mit den beiden. Kurz vor 10 Uhr erreichen wir tatsächlich den Pass und verbringen die Wartezeit mit Blaubeeren pflücken. Leider haben wir keine dieser extrem abdunkelnden Sonnenfinsternis-Brillen dabei, und auch durch das Handy ist nicht viel zu sehen. Stefan hat schließlich eine Idee und betrachtet die Sonne durch ein Stück Folie einer Doritos Chipstüte. Tatsächlich ist die Sichel so erkennbar! Insgesamt wird es aber nicht viel dunkler, auch die Temperatur fällt nur leicht. Da hatten wir uns etwas mehr Dramatik erhofft...

Improvisieren ist alles! Mit einem Stück Chipstüte die Sonnenfinsternis sehen. 
Wir sind jetzt kurz vor Stehekin, und da wir erst am darauffolgenden Tag mit dem ersten Bus um 9 Uhr in den Ort fahren wollen, haben wir es heute einmal nicht eilig. Nach insgesamt 22 Meilen bauen wir unser Zelt an einem schönen und außerordentlich großen Platz am Fluss auf und nutzen den warmen Abend, um uns mal wieder etwas frisch zu machen. Die restlichen Meilen zur Ranger Station und Bushaltestelle sind schnell erledigt, und wir haben noch etwas Zeit bis der Bus kommt. Schon seit Tagen freuen wir uns auf Stehekin, nicht zuletzt wegen der berühmten Bäckerei, die knapp zwei Meilen vor dem "Zentrum" liegt und überall aufs höchste gelobt wird. Der Bus hält auf dem Weg nach Stehekin für ein paar Minuten bei der Bäckerei, und wir kaufen eine kleine Auswahl an recht teuren, aber sehr großen Zimtschnecken, Sticky Buns und Blaubeerteilchen. Eins schmeckt besser als das andere, aber unser absoluter Favorit sind die Sticky Buns. Wir fassen deshalb den Plan, am nächsten Tag auf dem Weg zurück zum Trail auf jeden Fall noch ein paar davon einzupacken. 

Die Stehekin Lodge liegt sehr schön am langgestreckten Lake Celan, und nachdem wir unser letztes Paket aufgesammelt haben, verbringen wir einen gemütlichen Nachmittag mit Lesen und Faulenzen. Zudem gibt es nach 19 Tagen endlich mal wieder eine Dusche! Abends gehen wir noch zusammen in der Lodge essen. Die Preise sind recht hoch, dafür schmeckt es recht gut. Leider sind die Portionen etwas klein für unsere nimmersatten Hikermägen. Na ja, das Frühstück in der Bäckerei wird es richten.


Lake Celan 
Voller Vorfreude warten wir am nächsten Morgen auf den Bus, in der festen Annahme, dass der Fahrer wieder einen kurzen Stop an der Bäckerei machen wird. Zu unserer Enttäuschung fährt nun jedoch jemand anders, und auf die Frage, ob er einen kurzen Halt machen würde, entgegnet er nur, dass dies nicht möglich sei - er sei ja nur der Fahrer und würde nur Regeln befolgen. Verdammt! Sehr missmutig landen wir kurz vor 9 Uhr wieder am Trailhead, wo der Bus natürlich erst einmal 15 Minuten Pause macht... die hätte er doch auch bei der Bäckerei machen können!


Stehekin bis Manning Park


Der Tag ist sehr heiß und der Aufstieg aus Stehekin sehr lang, aber zum Glück nicht weiter steil. Gegen Mittag sehen wir einen Bären im Gebüsch direkt neben dem Trail, der sich nicht weiter stören lässt. Wir schauen, dass wir weiter kommen. Irene und Stefan, die etwas hinter uns waren, berichten uns später, dass der Bär auf dem Trail war, als sie vorbei wollten. Mit viel Krach und Geklapper sind sie zusammen mit einem anderen Hiker trotzdem weiter gegangen und konnten ihn in die Flucht schlagen.

Anderntags ist es wieder eisig kalt und bewölkt. Washington kann sich echt für kein Wetter entscheiden... Bei unserer Mittagspause kommt plötzlich eine eigenartige Gestalt mit einem roten Oktoberfesthut vorbei und erzählt, dass ein älterer Hiker ein paar Meter entfernt gestürzt sei und sich die Schulter ausgekugelt habe. Blöderweise sind wir mitten in einem langen Tal und haben natürlich keinen Handyempfang. In beide Richtungen sind es 15 Meilen zum nächsten Trailhead, und eine andere Hikerin bietet an, die Strecke noch heute zu laufen und Hilfe zu holen. Der Verletzte macht es sich so gut es geht bequem, indem er sich über einen Baumstumpf legt und den Arm mit einem Stein in einer Schlinge beschwert. Na wenns hilft... Der Typ mit Oktoberfesthut, welcher sich als "Ötzi" vorstellt, bleibt bei ihm, sodass es für uns nicht viel zu tun gibt. Ötzi packt Marihuana und eine kleine Pfeife aus, und die beiden rauchen erst einmal. Schräges Gespann! 

Wir gehen weiter und treffen glücklicherweise nach ein paar Meilen zwei Dayhiker, die ein SPOT, also ein satellitenbasiertes Notrufsystem, dabei haben. Sie erklären sich bereit, bis zu den beiden zu gehen und dort Hilfe zu rufen. Somit muss der Arme hoffentlich nicht die ganze Nacht auf dem Baumstumpf liegen. 

Der Abend ist diesmal richtig kalt und wir verdrücken uns bald ins Zelt. Leider wird unsere Nachtruhe unsanft durch ein paar Rehe unterbrochen, die laut schnaubend ums Zelt ziehen und anfangen, an Steffis Trekkingstöcken zu kauen! Die Handschlaufen sind wohl derart vollgeschwitzt, dass genug Salz darin ist. Sofort stehe ich auf und bringe unsere Rucksäcke sowie die Stöcke in Sicherheit, einen Stock kann ich jedoch in der Dunkelheit nicht mehr finden. Hoffentlich hat ihn das Reh nicht zu weit getragen. 




Am nächsten Morgen ist die Temperatur zum ersten Mal seit der Sierra wieder unter den Gefrierpunkt gefallen, aber wenigstens finden wir Steffis Stock wieder. Leider ist die Handschlaufe vollgesabbert und stocksteif gefroren. Dies ist unser letzter voller Hikingtag auf dem Trail und die Aussicht ist zum Abschluss noch einmal richtig schön. Tatsächlich scheint Washington schöner zu werden, je weiter man nach Norden kommt. Wir freuen uns schon auf Kanada! Abends steigen wir noch zum Woody Pass auf, und auf den letzten Metern machen Steffis Füße arge Probleme. Schon die letzten Tage haben uns beiden die Sehnen in Ferse und Knöchel immer wieder geschmerzt, aber nun wird es immer schlimmer. Zum Glück kommen wir morgen an. Unser Plan, Washington ohne Pausentag zu durchqueren, war wohl etwas ambitioniert. Inklusive des Neros in Stehekin haben wir für die 515 Meilen (885 km) und 111000 Fuß Aufstieg (33800 m) 23 Tage benötigt.

Vom Woody Pass geht es am nächsten Morgen zum Glück nur noch bergab zum Monument 78, dem offiziellen Ende des PCT. Wir erreichen die Grenze gegen 10 Uhr morgens und können es kaum glauben, nach 20 Wochen endlich am Ende unserer Wanderung zu stehen. Es fühlt sich irgendwie etwas unwirklich an... Nach vielen Fotos und einem Zielkaffee mit Stefan und Irene machen wir uns an die letzten 9 Meilen durch Kanada bis nach Manning Park, ein Resort am Highway 3.

Gruppenfoto am Monument 78 - geschafft!
Hier dürfen wir zum Glück die Dusche des angrenzenden Swimmingpools benutzen und setzen uns frisch geduscht zusammen mit Stefan und Irene ins Restaurant. Die beiden hatten die Sierra komplett übersprungen und wollen nun nochmal zurück nach Kennedy Meadows, weshalb sie gleich den nächsten Greyhound nach Vancouver gebucht haben. Der fährt allerdings nachts um 2 ab. (Ja wirklich!) Eine Zeit, zu der wir ungern raus wollen. Unser Plan sieht vor, am nächsten Tag unser Glück mit Hitchhiken zu probieren, was bei dem regen Verkehr kein Problem sein sollte. Nach einem ausgiebigen Abendessen gehen wir zurück zum Trailhead und bauen dort unser Zelt auf. 

Leider ist unsere Nachtruhe nur von kurzer Dauer: Um 23 Uhr werden wir von freundlichen, aber bestimmten Rangern geweckt, die uns mit dem Hinweis, dass dies kein offizieller Zeltplatz sei, vertrieben. Stimmt, wir sind ja jetzt in Kanada... andere Länder, andere Sitten. Da wir zu dieser nachtschlafenden Zeit auf keinen der lokalen Campingplätze mehr kommen würden, stehen wir etwas ratlos da. Schließlich entscheiden wir uns dafür, doch den nächtlichen Greyhound nach Vancouver zu nehmen. Leider ist das WLAN in der Lodge so schlecht, dass es uns nicht gelingt, das Ticket zu kaufen. Zum Glück hat der Fahrer ein Einsehen und nachdem wir unseren Ausweis als Pfand hinterlegen, nimmt er uns mit und wir können das Ticket in Vancouver nachlösen. 

Montag, 14. August 2017

Kleines Lebenszeichen

Wie ihr bestimmt gemerkt habt, haben wir in letzter Zeit nichts geschrieben. Wir sind gerade in Snoqualmie Pass angekommen und machen uns auf die letzten zwei Wochen bis Kanada zu wandern. Leider haben wir weniger Sonne als erwartet und müssen etwas Strom sparen.  Die Einträge werden nachgeholt. - Versprochen!
Stefanie 

Donnerstag, 3. August 2017

Crater Lake nach Cascade Locks

Von Medford treten wir den Weg zurück zum Trail an. Der Bus lässt uns an einem nicht offiziellen Stop heraus, so dass wir entspannt wieder zurück zum Trail kommen. Direkt am ersten Tag kletter ich über einen Baum und dieser gibt unter mir nach. Leider sind die Äste stabiler als der Baumstamm und ich spieße mich auf, da ich mein Gleichgewicht verliere. Teilweise sind es tiefere Wunden, aber für uns geht es trotzdem weiter. Mit weniger Motivation für mich, aber nach ein paar Tagen kommt der Spaß am Wandern zurück.
Mount Jefferson 

Wir haben zu unserer Freude nur noch wenige Schneepatches und nichts allzu Irres. Die Streifenhörnchen sind gefühlt überall und zum Teil sehr zutraulich (betteln mit Hundeblick). In manchen Geröllfeldern haben Vögel Nester gebaut und man hört die Jungvögel hinaus quietschen. Ja, wirklich quietschen! Sie klingen wie Quietscheenten. Was auch immer das für Vögel sind!? Inzwischen sieht man auch öfters wieder schöne Landschaften und ist nicht den ganzen Tag nur im Wald (von Mücken gejagt). An einem See schlagen wir unser Zelt auf und genießen ein Bad im See. Das Wasser ist ungewöhnlich warm. Unser Essen hängen wir in einen Baum und legen uns früh ins Zelt. Innerhalb einer halben Stunde schläft Sebastian ein.  Ich lese noch etwas und kann ein Eichhörnchen sehen, dass lautstark den Essensbeutel den Krieg erklärt. Der Essensbeutel nimmt die Drohung gelassen zur Kenntnis. Dabei schreckt Sebastian auf und fragt verschlafen: "Was war das?" Als er hört, das ein Eichhörnchen den Lärm verursacht hat,  schläft er direkt wieder ein.
Am nächsten Morgen erreichen wir Ollali und treffen dort auf eine weitere Trailmagic. Nat, ein Trailangel, hat sich kurz vor Ollali eingerichtet um dort für hungrige Hiker Pancakes zu machen. Und sie sind unheimlich gut. Leider ist ansonsten wieder viel Wald um uns und kaum Aussicht. 
Wie jeden Morgen stehen wir früh auf und sehen noch einen Bären, der schnell das Weite sucht, als er uns sieht. Inzwischen ist es Wochenende. Das merken wir an der Anzahl der Dayhiker, die wir sehen. Der Timothy Lake scheint ein beliebtes Ausflugsziel zu sein, da viele am Ufer ihre Hängematten aufgehängt haben und zelten.
Vulkan in Sicht 

Der Weg führt uns zu schönen Aussichten. Gegen Abend kommt uns noch ein Pärchen entgegen. Es stellt sich heraus, dass es mobile Trailangel sind und auf dem Weg Kekse und Kaffee verschenken. An unserem Zeltplatz lernen wir dann noch White Russian und Names kennen. Zusammen lassen wir den Abend ausklingen.
Am nächsten Morgen müssen wir noch 5 Meilen bis zur Timberline Lodge zurück legen um dann dort das Buffet zu plündern.
Allerdings ist der Weg zur Timberline Lodge ein steiler Sandweg. Ein Schritt nach vorne ein halber zurück. Und auch nach der Lodge ist viel Sand. So verdienen wir uns erstmal unser Frühstück.
Das Frühstück in der Lodge wird als das Beste auf dem ganzen Weg gehandelt. Und ja, zurecht. Unheimlich lecker! Die nächsten Tage bis Cascade Locks träume ich davon.
Die Timberline Lodge wurde auch schon als Filmkulisse verwendet. Hier ein Tipp: "Hier kommt Johnny (Jacky)."  Wer den Film errät bekommt ein Bild eines Keks geschenkt.

Timberline Lodge 

Vollgefuttert rollen wir wieder den PCT entlang. Leider ist der Weg nicht ganz so flach wie gedacht. 
Im weiteren Verlauf des Tages gehen wir eine Alternative zum PCT, die an einem Wasserfall vorbei führt. Es gibt vor Cascade Locks noch eine weitere Alternative, die an vielen schönen Wasserfällen vorbei führt, aber diese ist wegen eines Feuers gesperrt.
Sonnenaufgang kurz vor Cascade Locks 


Mit einer etwas größeren Flussüberquerungen starten wir in den nächsten Tag. Es liegt zum Glück ein Baum darüber an dem man entlang balancieren kann.  Wackelig fühlt es sich zwar an, aber der Baum hält. An diesem Mittag müssen wir etwas mehr Wasser für den Abend mitnehmen, da das Camping am See ebenfalls verboten ist, wegen dem Feuer. Uns kommen auf dem Weg immer wieder Feuerwehrmänner entgegen und wir müssen noch etwas weiter laufen bis wir Feierabend machen können. Dafür haben wir am nächsten Tag nur noch 14 Meilen bis Cascade Locks. 
Diese schaffen wir noch vor Mittag und treffen dort Box, Bob Ross und Scaredy Cat wieder. Bekannte, die man zuletzt in Idyllwild und der Sierra gesehen hat.
Erreichen von Cascade Locks 

Inzwischen ist der halbe Weg hinter uns wegen verschiedener Brände gesperrt. Hoffentlich bekommen wir keine Probleme auf dem restlichen Weg mit Feuer. 
Stefanie

Montag, 24. Juli 2017

Callahan's bis Crater Lake

Meile 1716 bis 1818

In der Lodge verbringen wir einige Zeit, trinken Kaffee und schauen das Nötigste für die nächste Strecke nach. Der Schnee um Crater Lake scheint langsam zu tauen. Gute Nachrichten, vielleicht müssen wir dann nicht wie befürchtet wieder tagelang durch verschneite Wälder stapfen. Unsere gute Laune steigt noch, als wir den Kaffee geschenkt bekommen. Und das, obwohl wir nicht einmal etwas gegessen haben! 

Die gute Laune kann nicht einmal Heidi, die nervige Hausziege der Lodge, trüben. Sie ist sehr interessiert an unserem Resupply Paket, sodass es schwierig ist, das Essen einzupacken. Als endlich alles verstaut ist, ziehen wir um halb elf mit schweren Rucksäcken weiter. Wir kommen noch etwa 15 Meilen, bevor wir am Wegrand unser Zelt aufschlagen. 
Die Schlangen sehen hier aus wie Regenwürmer 

Der Weg führt nun großteils ohne nennenswerte Anstiege durch endlose Wälder. Ganz selten lichten sich die Bäume etwas und man hat einmal etwas Aussicht. Um der Langeweile etwas zu entgehen, hören wir Podcasts, Hörbücher und überlegen uns weitere Projekte, die wir zu Hause umsetzen wollen. Schon jetzt haben wir vermutlich genug Ideen für die nächsten Jahre.

Die Wasserstellen werden nun seltener, sodass die Campingplätze an den wenigen Quellen rasch voll werden. Wir ergattern noch einen Platz und freuen uns, mal wieder mit gewaschenen Füßen in den Schlafsack gehen zu können. Andere Hiker warnen uns, dass es entgegen des Wasserreports von hier aus 18 Meilen kein Wasser gibt, also filtern wir lieber etwas mehr, bevor wir den Mücken entgehen und uns ins Zelt zurück ziehen.

Anderntags führt der Weg wieder öfter über mit Lavagestein bedeckte Lichtungen, die etwas Aussicht bieten. Zudem geht es viel bergab, sodass wir gut voran kommen und am frühen Nachmittag am Cascade Canal ankommen. 
Lavagestein und der PCT 

Nach einer ausgiebigen Mittagspause geht es weiter durch zunehmend mückenverseuchten Wald. Wir haben zwar ein Moskitospray mit DEET dabei, aber gegen Abend wird es so schlimm, dass Steffi trotzdem durchwegs gestochen wird. Wir sind froh, als wir nach 26 Meilen einen flachen Platz finden. In Rekordzeit bauen wir das Zelt auf und flüchten hinein. Gegessen wird diesmal im Zelt, zum Glück müssen wir ja nicht mehr kochen, sondern können uns direkt über die eingeweichte Nudelsuppe bzw. das Kartoffelpüree hermachen. 

Auch am nächsten Morgen lassen uns die Mücken nicht in Ruhe. Selbst während dem Laufen fallen sie über uns her, an Pause machen oder Wasser filtern ist erst einmal nicht zu denken. Erst am späten Vormittag steigen wir den Grat zum Devil's Peak auf, wo es vor einiger Zeit gebrannt hat und die Mücken somit keine Versteckmöglichkeit mehr haben. Wir können eine ausgiebige Mittagspause machen und endlich mal wieder etwas Aussicht genießen.

Im Abstieg auf der Nordseite liegt immer noch Schnee, allerdings spitzen hier und dort einige Steine und kleinere Bäume raus. Nach den schlechten Erfahrungen an Fuller Ridge entscheidet sich Steffi gegen Glissading, also der schnellen Abfahrt auf dem Hosenboden. Wir wählen die langsame, aber sicherere Variante und queren vorsichtig das steile, von der Sonne aufgeweichte Schneefeld auf dem Normalweg. Zum Glück ist es nur ein kleines Stück rutschig und wir kommen insgesamt gut voran. Auch diesen Abend essen wir wieder im Zelt, um nicht selbst auf der Speisekarte zu stehen.

Abstieg vom Devil's Peak

Anderntags sind es nur noch 15 Meilen bis Mazama Village, einem Campingplatz mit Laden im Crater Lake NP. Kurz bevor wir die Straße erreichen, murmelt Steffi etwas von "zu viele Mücken" und stürmt mit Vollgas an mir vorbei. So schnell sind wir glaube ich noch nie voran gekommen. Vielleicht sollte ich ein paar Motivationsmücken in einem Glas mitnehmen?
Nur eine tote Mücke ist eine gute Mücke 

Auf dem Campingplatz angekommen, gönnen wir uns erst einmal eine Dusche und holen dann unser Fresspaket und meine neuen Schuhe ab, die ich mir online bestellt hatte. Das letzte Paar ist schon etwas arg abgelaufen und die Sohle rutschig. Trotzdem war ich mit Adidas sehr zufrieden und habe zum Glück das alte Modell der Adidas Candida günstig auf Amazon gefunden.

Da wir schneller voran gekommen sind als geplant, haben wir ziemlich viel Essen über. Na ja, besser zu viel als zu wenig. Wir lassen ein paar Instantnudeln in der Hikerbox zurück, und sofort freut sich ein anderer über die gratis Abendessen. Abends sind zum Glück nicht ganz so viele Mücken unterwegs wie die letzten Tage, sodass wir in gemütlicher Runde draußen sitzen können. Leider wird Steffi von Kopfschmerzen, Übelkeit und üblem Juckreiz geplagt, neben den Mückenstichen hat sie wohl auch noch Bekanntschaft mit Poison Oak gemacht.  
Ein Klumpen Gummibärchen 

Am nächsten Tag starten wir unausgeschlafen zum Krater. Der Anstieg ist stellenweise steil und schneebedeckt, sodass man den Mücken nicht einmal mehr davon laufen kann. Oben angekommen, werden wir dafür mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt, die wir allerdings mit vielen anderen teilen müssen. Schon am frühen Morgen ist der Parkplatz überlaufen, man merkt, dass es Wochenende ist.


Crater Lake

Wir holen uns einen Kaffee und setzen uns in die Sonne. Steffi geht es leider immer mieser, sie hat sich wohl irgendwas eingefangen. Die Mücken hier übertragen wohl auch das West Nile Virus und anderes, deshalb machen wir uns etwas Sorgen. Da es auch nach einer ausgiebigen Pause nicht besser wird, beschließen wir, wieder zum Campingplatz zurück zu gehen. Von dort aus soll es einen Bus in die nächstgrößere Stadt geben, wo man sich erst einmal in einem Motel auskurieren könnte. 

Da viel Verkehr herrscht, versuchen wir unser Glück zunächst mit Hitchhiking, anstatt nochmals durch den Wald und die Mücken zu laufen. Erst sieht es schlecht aus, aber schließlich werden wir von einer Kellnerin der Lodge mitgenommen, die früh Feierabend hat. Auf der Fahrt zum Campingplatz kommen wir ins Gespräch und sie meint, dass sie sowieso weiter nach Medford fahren würde und uns mitnehmen könnte. Da sagen wir natürlich nicht nein! Sie liefert uns sogar direkt bei einem Motel ab.

Nach einer erholsameren Nacht geht es Steffi zum Glück wieder besser. Wir beschließen trotzdem, noch einen Tag Pause zu machen, Wäsche zu waschen und etwas zu entspannen. Das letzte Motelzimmer ist nun doch schon einige Wochen her, in den letzten Orten hatten wir schließlich immer gezeltet.

Montag, 17. Juli 2017

Etna nach Callahans/Ashland (Meilen 1597 -1716)

Nachdem wir gestern in Etna ankamen lassen wir es heute ruhig angehen. Wir durchstöbern die zwei Supermärkte. Einer ist sehr günstig, aber geplündert, der andere sehr teuer. Wir hoffen darauf, dass diese am nächsten Tag eine neue Lieferung bekommen, ansonsten können wir nach Yreka fahren und dort im Walmart unsere Nahrung für ganz Oregon kaufen. Da es sich um 27 Tage handelt, lohnt es sich den Bus zu nehmen.

Früh morgens organisieren wir uns erst einmal einen Kaffee und genießen die Sonne. Kurz nach dem der geplünderte Laden öffnet, stehen wir auch schon bereit. Leider ist das Sortiment immer noch nicht aufgefüllt und wir entschließen uns nach Yreka zu fahren. 
Dort plündern wir den Walmart in einem mehrstündigen Shoppingrausch. Sämtliche Riegel räumen wir aus, da wir rund 200 Stück brauchen. Leider bekommen wir für Sebastian nur eine Packung Honeybuns. Aber ansonsten bekommen wir alles. Bis der Bus zurück geht haben wir noch 1 1/2 Stunden und so gehen wir noch schnell in die Pizza Factory und essen dort Pizza. Satt und zufrieden treten wir dann den Rückweg an.  

Sobald wir angekommen sind machen wir das Essen für die Pakete bereit. Wir schreiben Zettel was in jedem enthalten ist und legen uns Notizen rein, damit wir in einem Monat noch wissen, was für wen bestimmt war. Leider ist es schon so spät, dass die Post in Kürze schließt. Wir holen noch kurz Kartons von der Post, so können wir sie am nächsten Tag verpacken und gefüllt zur Post bringen. Den Abend verbringen wir mit Kirschen essen und viel Ruhe. 

Am Morgen stehen wir nicht allzu früh auf und gönnen uns einen gemütlichen Morgen. Dann geht Sebastian Kaffee holen und ich spiele Tetris mit unseren Paketen. Zum Frühstück gibt es leckere Himbeer-Donuts. Dazu gibt es noch einen Apfel für jeden. Danach schleppen wir die Pakete zur Post. Da fühlen sich die fünf Minuten Weg gleich viel länger an. Uns fällt wieder mal auf, wie happig die Preise des United States Postal Services sind: 78 $ für  drei Pakete! Trotzdem ist es für uns immer noch günstiger, als in den vor uns liegenden kleinen Resorts einzukaufen. 

Um 10 Uhr packen wir endlich zusammen und machen uns wieder auf den Weg zum Trail. Nicht mal zehn Sekunden warten wir, bis uns ein Mädchen mit einem Pickup aufsammelt und zum Trailhead fährt. Von dort oben können wir schon den Rauch des nahen Island Fire erkennen, aber er scheint den Weg nicht zu betreffen. Kurz bevor wir los laufen kommt uns eine Gruppe Hiker entgegen. Darunter auch eine alte Bekannte (Joyce). Wir sind etwas verblüfft, da wir diese weit vor uns vermutet hatten. Aber es ist schön mal wieder ein bekanntes Gesicht zu sehen.
Rauch am Etna Summit 

Die Gruppe versucht weiter eine Mitfahrgelegenheit nach Etna zu bekommen und wir machen uns auf den Weg. Wir kommen langsam voran, da der Geröll unter unseren Füßen uns ausbremst, dennoch kommen wir am Nachmittag noch 15 Meilen weit und schlafen am Marten Lake. Als ich mich darin waschen will fallen mir Tiere im Wasser auf. Echsen, die unter Wasser leben. Und sie sind gar nicht scheu.  
Sie schaffen es direkt auf meine Oh-sind-die-niedlich-Liste.
Schwimmende Echsen 

Sebastian ist in der Zwischenzeit auch aufgefallen, dass Tiere im See leben, da er auf den Schwanz eines Exemplares getreten ist. Dennoch sind sie sehr neugierig und schwimmen um ihn herum. 
Als wir am nächsten Morgen aufstehen sehen wir schon eine Ameise durch das Zelt torkeln. Mit Schrecken stellen wir fest, dass wir zwei Löcher im Zelt haben. Die Ameisen haben sich nachts durch das Zelt gefressen und haben sich über einen Sweet and salty Riegel her gemacht. (schon wieder!) Notdürftig flicken wir mit Tape das Zelt. Danach geht es weiter Richtung Kanada. Mein Bein macht immer noch leicht Probleme, da die Wunde immer wieder aufreisst, aber ansonsten ist es in Ordnung. 
Nach einer halben Stunde erreichen wir das erste Schneefeld. An diesem Tag haben wir zwei bis drei etwas größere Flecken Schnee. Es erinnert uns, wie wenig wir Schnee mögen. Dennoch kommen wir gut voran. 
Nachts hören wir dann Schritte und einen lauten Pfiff. Aus dem Schlaf gerissen suchen wir die Umgebung ab und sehen zu unserem Erstaunen ein Reh. Seit wann können die den Pfeifen? Dieses lässt sich nicht stören und kaut gemütlich die Büsche ab. Gut, schlafen wir halt weiter und hoffen, dass sich Bambi weder durch das Zelt noch durch unser sonstiges Equipment frisst. Ansonsten gibt es morgen Rehbraten.
Schöne Aussicht, sobald man aus dem Wald heraus kommt 
Der Morgen ist recht warm und wir wachen recht früh auf. Und heute ist ein besonderer Tag: Sebastians Burzeltag! Sofort bringe ich ein kleines Ständchen und überreiche ihm den letzten Snickers als eine Art Geburtstagsgeschenk. Zum Frühstück haben wir noch einen Minikuchen zur Feier des Tages. Danach geht es weiter Richtung Seiad Valley. Der Weg dorthin ist sehr flach und so kommen wir nach 18 Meilen gegen Mittag dort an. Die letzten paar Meilen läuft man auf der Straße. Nicht unbedingt die schönste Strecke. Zuerst holt Sebastian sein Paket, indem neue Faltflaschen für den Filter und ein paar neue Socken enthalten sind. Danach feiern wir etwas im nächstgelegenen Cafe. Dort gibt es ein großes Mittagessen und einen riesigen Milkshake. 
Danach warten wir noch etwas die Hitze ab. Dabei erzählt uns ein Anwohner, dass es einen alternativen Weg gibt, der mehr Schatten und Wasser bietet. Diese Alternative klingt sehr gut und wir entschließen uns diese zu gehen. Davor bekommt Sebastian noch einen Pudding, Saft und Nüsse von einer Hikerin geschenkt, die sich zu viel in ihrem Paket vorgeschickt hatte. 
Landschaft in Oregon 

Die Alternative ist tatsächlich sehr schattig, so kann man auch bei den herrschenden 35° noch gut laufen. Wir finden nach ein paar Meilen einen schönen ruhigen Platz am Fluss und genießen noch den restlichen Tag. 
Am nächsten stehen wir früh auf und nehmen den Anstieg in Angriff. Die Alternative verläuft auf einer Straße und trifft bei Meile 1668 wieder auf den PCT. Zu unserem Glück hält ein Wagen neben uns und fragt ob er uns mit nehmen kann. Wir sagen ja und können so die letzten drei Meilen an der Straße beschleunigen. Der Weg ist Richtung Oregon erheblich kühler geworden. Wir haben sehr angenehme 20° und Sonnenschein. Der Weg ist leicht zu laufen und so kommen wir recht gut voran. Unseren Campingplatz erreichen wir sehr früh und nutzen die Zeit um unsere neuen Ideen aufzuschreiben. Nachdem die Sonne untergeht ist es ungewöhnlich kalt. Zum ersten Mal seit Sierra City kramen wir unsere Daunenjacken aus.  Zudem fällt mir auf, dass das Wohlriechendste in meinem Rucksack die neue Mülltüte ist.  
Blumenmeer in Oregon 

Der nächste Morgen ist kalt. Deshalb beeilen wir uns voran zu kommen. Im Laufe des frühen Vormittags steigen die Temperaturen aber wieder an und bleiben dann zwischen 22° - 23°. Um halb acht erreichen wir glücklich die Grenze nach Oregon. Juhuu endlich ein neuer Bundesstaat. Der Weg ist sehr einfach und bis Mittag haben wir die 17 Meilen erreicht. Ein paar kleinere Flecken Schnee haben wir auch. Doch jemand hat einen Weg in den Schnee gegraben. So das der Schnee kein Hindernis ist. Kurz nach unserer Mittagspause sehen wir auf dem Weg Trailmagic. Zwei Kisten mit Getränkedosen und Stühlen. Im Register hat sich bisher niemand eingetragen, aber eine Dose ist schon im Müll. Der Hiker vor uns hat sich nicht eingetragen und so sind wir die ersten eingetragenen Hiker von 2017.
Trailmagic in Oregon 
Trailmagic 

Danach geht es gemütlich weiter bis zu unserem Zeltplatz. Dass wir heute 25 Meilen gemacht haben, merken wir kaum. Bis nach Callahan's sind es noch 6 Meilen und vor 8 Uhr brauchen wir dort morgen nicht aufzutauchen, um unser nächstes Fresspaket abzuholen. Nun genießen wir noch den ruhigen Abend. 
Im Morgengrauen stehen wir auf. Es ist definitiv wärmer als gestern und wir kommen gut voran. Kurz vor Callahan kann ich sogar noch einen Bärenhintern sehen, der im Gebüsch davon rennt. Kurz nach acht erreichen wir Callahan und holen dort unser Fresspaket ab und gönnen uns dort noch einen Kaffee. 
Stefanie 

Dienstag, 11. Juli 2017

Castella nach Etna

Meile 1499 bis 1597

In Castella machen wir uns erst einmal auf dem örtlichen Campingplatz breit und gönnen uns eine Dusche. Zum Glück hat ein freundlicher Mensch einen großen Vorrat an Tokens für die Duschautomaten im PCT-Campbereich deponiert. 

Wieder etwas sauberer machen wir uns auf den Weg zum nahen Laden. Hier holt Steffi ihr Paket vom REI mit neuen Schuhen und Klamotten ab und wir kaufen das Nötigste für die nächste Etappe. Leider ist der kleine Laden exorbitant teuer, trotzdem gönnen wir uns einen großen Becher Eis. Dafür plündern wir allerdings die Hikerbox.

Den Nachmittag verbringen wir mit Lesen. Steffi beeilt sich, ihr Buch zu beenden, damit sie es in der Hikerbox lassen kann und nicht weiter tragen muss. Gegen Abend hält ein Auto am Zeltplatz. Der Fahrer sieht verdächtig nach Hiker aus... Wir haben richtig vermutet, es ist Hiking Solo, der letztes Jahr in Ashland aufhören musste und nun von dort aus weiter machen will. Zuvor will er aber eine große Box Bier loswerden - da können wir natürlich nicht nein sagen. Wir genehmigen uns eine Dose, der Rest bleibt für die nachfolgenden Hiker stehen.

Am nächsten Tag starten wir wie gewohnt um 6 Uhr morgens. Über einen kleinen Trail direkt hinter unserem Zeltplatz kommen wir nach knapp 2 Meilen wieder auf den PCT und sparen uns somit das Stück an der Straße. Der restliche Tag geht durchwegs bergauf. Am Vormittag stolpert Steffi unglücklich und bremst mit dem Knie. Wir verarzten die Wunde, trotzdem schmerzt es den ganzen Tag. Auf dem weiteren Aufstieg beginnt es auch in meinem Knie zu stechen. Leichte Beschwerden hatte ich schon während den langen Abstiegen der letzten Tage, aber das Stechen ist neu. Vielleicht will sich mein Knie nur mit Steffis solidarisch zeigen?

Wieder in den Alpen

Gegen Abend schmerzt zumindest Steffis Knie mehr, aber wir schaffen immerhin 24 Meilen. Die Landschaft ist wieder vollkommen anders, nachdem wir die letzten Tage fast durchwegs im Wald verbracht hatten, laufen wir nun am Grat entlang und haben schöne Ausblicke über das Alpenpanorama der Trinity Alps.

Leider stört Steffis Knie auch ihre Nachtruhe und macht am nächsten Tag weiter Probleme. Gegen Mittag kommen wir an dem sehr schön gelegenen Deadfall Lake vorbei. Man merkt, dass es Samstag ist, denn auf dem weiteren Weg kommen uns Horden an Spaziergängern und Familien entgegen, die sich vom knapp zwei Meilen entfernten Parkplatz auf den Weg gemacht haben.
Obwohl wir flott voran kommen, entschließen wir uns nach etwas mehr als 20 Meilen schon für einen frühen Feierabend um halb vier, um Steffis Knie etwas Ruhe zu gönnen. 

Leider ist der Nachmittag nicht ganz so erholsam wie gehofft, denn wie überall ist auch hier alles voller Ameisen in allen Größen. Nachdem wir mehrmals auch an eher unangenehmen Stellen gezwickt wurden, verziehen wir uns lieber ins Zelt. Dabei wäre der Platz so schön gewesen!

Da das Knie immer noch schmerzt, beschließen wir, schon eher nach Etna zu gehen. Gegen Mittag erreichen wir eine Straße. Während wir warten, spricht uns eine andere Hikerin an und erzählt, dass sie von Norden nach Etna gewandert sind und aufgrund eines nahen Waldbrands arge Probleme mit dem Rauch hatten. Als sie Etna wieder Richtung Süden verlassen wollten, war dort der Rauch so dicht, dass sie nicht laufen konnten, deshalb suchen sie jetzt einen anderen Startpunkt. Genau an der Stelle wären wir auch vorbei gekommen, wenn wir regulär weiter gelaufen wären - Glück im Unglück? 

Nach einiger Zeit werden wir von einem älteren Herren mitgenommen, der in der Gegend mit seinem Quad unterwegs war. Ich helfe ihm noch, das Quad auf den Anhänger zu verladen, dabei fällt mir der Revolver am Gürtel auf. Inzwischen sind wir die Waffenpräsenz ja gewohnt. 

 In Etna angekommen gönnen wir uns erst einmal ein Eis und gehen dann in den Stadtpark, der auch als Zeltplatz fungiert. Hier sitzen schon einige andere Hiker, und wir verbringen einen gemütlichen Abend in der Runde. Jetzt lassen wir erst einmal in Ruhe das Knie heilen und kümmern uns um den Resupply für Oregon. Mangels anderer Möglichkeiten werden wir uns von hier nun drei Fresspakete für die nächsten Wochen voraus schicken.








Donnerstag, 6. Juli 2017

Old Station nach Castella (Meilen 1371 - 1499)

Gegen kurz vor drei erreiche auch ich Old Station. Inzwischen ist es ganz schön heiß geworden und freue mich auf meine wohl verdiente Pause. Der Rucksack mit dem Essen ist enorm schwer. Da wir schneller waren und großzügig waren haben wir nun Essen für mehr als zehn Tage dabei. Etwas übertrieben.
Danach ruhen wir uns noch etwas aus um am nächsten Tag nach Castella aufzubrechen.
Der Weg über die Hat Creek Rim ist staubig, trocken und heiß. Erinnert uns sehr an die Wüste. Wir gehen bis zu einer Wasserstelle und warten dort die Mittagshitze ab. Danach gehen wir noch etwas weiter und schlagen nach gemütlichen 20 Meilen unser Zelt auf. Der Ausblick ist wunderschön und wir können bis zum Sonnenuntergang den Gleitschirmfliegern zusehen wie sie schweben.



Der Morgen kam viel zu früh. Ich bin immer noch müde. Noch leicht im Zombiemodus packe ich meinen Krempel zusammen. Nach ein paar Minuten muss ich kurz anhalten. Etwas im Schuh drückt. Als ich versuche das drückende Etwas zu entfernen, läuft es allerdings in Panik davon. Es war ein schwarzer länglicher Käfer und er lebt. Auch nach dem Schuhaufenthalt. Wie man sich nur meine Schuhe als Obdach aussuchen kann ist mir ein Rätsel. Die Schuhe haben schon fast 1000 Meilen hinter sich und man riecht es ihnen an.  In Castella erwartet mich ein neues Paar Schuhe und ein Wanderrock. 
Mit mehr Platz im Schuh geht es dann weiter. Das Thermometer klettert über die 38° und schmort uns im eigenen Saft. Dieser Part ist nicht angenehm aber dafür ist es zumindest ein flaches Stück.

Nach 25 Meilen schlagen wir unser Zelt in der Nähe von Burney Falls auf. Meine Füße sind wegen dem Sand etwas abgerieben (mal wieder). Zum Glück habe ich genügend New Skin und Compeed dabei um die Stellen zu verarzten. Da ich ziemlich müde bin, schlafe ich auf der Stelle ein. Noch während es dämmert erwache ich wieder. Eine Mücke hat mich erwischt, da mein Fuß wohl am Mückengitter angestoßen war. Das juckt höllisch und ist fies, da es genau an der Zehenspitze ist. Voll hinterhältig! Aber Mücken scheinen hier das Manko zu sein. Dafür hat man im Großen und Ganzen angenehme Temperaturen, Schatten, Wasser und wir brauchen nur noch unsere kurzen Hosen und Hemden.

Am Morgen machen wir einen Abstecher zu dem "Burney Falls" — ein Wasserfall. Danach geht es wieder auf den Weg. Es geht sehr langsam voran, da meine Fußsohlen schmerzen. Dennoch kommen wir 22 Meilen weit und schlagen an einem Bach unser Zelt auf. Nach dem sehr trockenen und staubigen Stück eine Wohltat. Nicht nur für uns. 
Der nächste Tag beginnt ruhig mit einem Aufstieg. Auf dem höchsten Punkt klettern wir über wenige Schneefelder. Diese sind so klein, dass es uns nicht abbremst und so gehen wir an diesem Tag fast 27 Meilen. Bei der letzten Pause sehen wir noch ein Reh, dass an einem Busch knabbert und keine Angst vor uns hat. Am Deer Creek schlagen wir unser Zelt auf und haben dort noch Besuch von einem weiteren Reh, dass neugierig um uns herum springt. Zu 50% süß und 50% gruselig.

Am nächsten Tag geht es für uns den ganzen Tag bergauf. Noch recht früh begegnet uns ein weiteres Reh, dass eine Socke im Mund hat und darauf herum kaut. (Hat es den Rest vom Hiker auch gefressen? ) Beim Auffüllen am Bach sieht Sebastian eine schwimmende Schlange und kurz vor unserem Zeltplatz sehen wir einen Bär. Der uns ansieht und nicht das Weite sucht. Unbeirrt sucht und gräbt er. Hoffen wir mal, dass unser Essen morgen noch da ist.

Bis nach Castella sind es noch 12 Meilen Trail und 2 Meilen auf der Straße. Heute habe ich mir tatsächlich blutige Zehen gelaufen. Ich merke gerade ganz klar das meine Garantie abgelaufen ist und ich auseinander falle. Hoffe das heilt schnell ab und gibt keine Probleme für die letzten Meilen. 
Die letzten Meilen sind kein Problem und so kommen wir noch vor Mittag nach Castella. Dort bekomme ich meinen neuen Rock und die neuen Schuhe. 
Stefanie 

(Bilder kommen, wenn wir wieder WLan haben.)